Brot wie vom Bäcker – Teil 1: Der Sauerteig-Starter
Es wäre schlichtweg gelogen, wenn ich behaupten würde, ich würde seit Jahren selbstgemachtes Sauerteigbrot backen. Am besten noch mit einem Anstellgut, welches in der Familie über Generationen hinweg vererbt wurde. Anstellgut ist übrigens nur ein anderes Wort für Starter 🙂 , dann hätten wir das auch gleich geklärt…
Den gut gehüteten Sauerteig-Starter gibt es bei mit leider nicht und einen Namen hat er bei mir ebenfalls nicht. Um ehrlich zu sein, ist es noch nicht so lange her, dass ich angefangen regelmäßig eigenes Sauerteig-Brot zu backen.
In Berührung mit dem Thema bin ich schon vor einigen Jahren durch Bücher und Filme von und mit Sandor Ellix Katz gekommen. Und wie es so ist, manche Dinge brauchen ihre Zeit, um sich zu entwickeln.
Du machst mit deinem eigenen Sauerteig nicht einfach nur Brot …
Sauerteig ist etwas sehr Faszinierendes, vor allem wenn man sich bewusst macht, dass der Starter nur aus Mehl und Wasser besteht und dann zu leben beginnt.
Du kreierst mit deinem Sauerteig etwas sehr Besonderes gar Kreatives. Denn den Sauerteig hast du selbst angesetzt und gepflegt, er ist mit Hilfe der Bakterien in deiner Umgebung zum Leben erwacht. Und jedes Backen ist irgendwie aufregend und speziell. Ich bin jedes Mal auf das Ergebnis gespannt….
Ich verspreche dir, dass dir das spätestens bewusst wird, wenn du den Ofen öffnest, dein selbstgebackenes Brot das erste Mal riechst und es anschneidest und siehst, wie perfekt es geworden ist. Ok, hört sich ziemlich kitschig an. Doch es ist irgendwie Magie, wenn man nur aus Mehl, Wasser, Salz und etwas Zeit ein so geniales Lebensmittel herstellen kann.
Brotbacken (es kann losgehen…)
Dein Starter ist bereit und nun kann das Brotbacken beginnen. Nach einigem Probieren und reichlich Fehlversuchen bin ich bei dem Rezept für mein Dinkel-Roggen-Emmer-Brot gelandet und backe es Woche für Woche und mein Liebster und ich sind noch immer begeistert davon.
Das Rezept findest du hier: Dinkel-Roggen-Emmer-Brot und alle Tipps und Tricks damit auch dein Brot gelingt ebenfalls. Und wenn es nicht gleich gelingt kann ich dir nur raten nicht aufzugeben, es wird sich lohnen!
____________________________________________________
Was ist Sauerteig?
Sauerteig ist nichts anderes als ein natürliches Backtriebmittel, welches, wie Hefe oder Backpulver, deinen Teig „aufgehen“ lässt, also locker macht. Im Grunde entsteht in deinem Sauerteig eine Art WG von wilden Hefepilzen und Milchsäurebakterien. Das Spannende daran, jeder Starter hat seine eigene Zusammensetzung an Hefepilzen und Bakterien, denn diese hängt von dem ab was bei dir so in Luft rumschwirrt.
Der Sauerteig Starter sorgt nicht nur dafür, dass das Brot aufgeht, sondern auch, dass es schmeckt. Bei der Fermentation, der Sauerteigführung, werden über 300 Aromastoffe gebildet, die dann natürlich in deinem selbstgebackenen Brotlaib landen.
Der Clou, bei der Sauerteigführung werden Phytinsäuren, die im Getreide sind, abgebaut. Diese hemmen ansonsten die Aufnahme von Mineralstoffen und sorgen bei vielen Menschen für Blähungen nach dem Genuss von Getreide. Der Sauerteig macht das Brot also auch gesünder.
Zudem hebt er das Volumen an, sorgt für eine gleichmäßigere Krume und dafür, dass es schlicht länger haltbar ist (mich fasziniert es immer wieder frisch das Brot auch noch nach mehreren Tagen ist), da die Milchsäurebakterien die Bildung von Schimmelkulturen hemmen.
Kurzum: Sauerteig macht alles besser 🙂 .
Der Start mit dem Starter
Roggen- und Weizensauerteige sind am bekanntesten, wobei auch Dinkelmehl als Basis hervorragend funktioniert. Roggensauerteig steht in dem Ruf, am einfachsten zu Händeln zu sein, deshalb empfehle ich dir erstmal damit zu beginnen. Der Start deines Starters ist aber immer gleich:
Verrühre in einem nicht zu kleinen Glas 3 Esslöffel Bio-Vollkornmehl mit etwa 3 Esslöffel ca. 27 °C warmem Wasser, so dass ein geschmeidiger Teig entsteht, der leicht vom Löffel rinnt. Tut er das noch nicht, gib etwas mehr Wasser dazu. Ist die Mischung zu flüssig, gib etwas mehr Mehl hinzu, hier musst du nicht zu genau sein 😊 .
Du fragst dich ob es Bio-Vollkornmehl sein muss? Die Antwort ist ein klares: JA, denn an biologischem Vollkorn finden sich mehr natürlich vorkommende Hefekulturen und Bakterien, die für den Sauerteig absolut notwendig sind. Für das Brot verwende ich allerdings eine Mischung aus feiner gemahlenem und Vollkorn-Bio-Mehl.
Anschließend stellst du das Glas in eine nicht zu kalte, möglichst dunkle Ecke deiner Küche und legst leicht den Deckel auf, so dass dein Starter zum einen Luft bekommt, aber auch ablassen kann, denn die Hefen und Bakterien „rülpsen und pupsen“ etwas herum. Zum Glück ziemlich geruchslos, also keine Sorge (hahaha).
Hier bleibt dein neuer Sauerteig Starter einen Tag lang stehen, bis er wieder Hunger hat und mit weiteren 3 Esslöffeln Mehl und Wasser gefüttert wird. Spätestens jetzt siehst du kleine Bläschen aufsteigen und der Sauerteig Starter fängt an, angenehm säuerlich zu riechen. Das ist ein sehr gutes Zeichen!
Die Prozedur wiederholt sich. Diesmal allerdings mit 100 g Mehl und 100 ml warmem Wasser. Gut verrühren und weitere 24 Stunden stehen lassen.
Nun solltest du bereits sehen können, wie der Teig aufgeht und sich reichlich Blasen bilden. Dein Starter sollte nun stärker, aber weiterhin angenehm duften, leicht nach Hefe und süßlich, wie ein sehr dezenter Essig oder auch ein wenig nach Apfelsaft. Riecht er zu sauer oder vergoren gibt es nur eins: Weg damit und neu anfangen.
Wenn du allerdings bis hierhin gekommen bist: Gratulation, du hast deinen ersten Sauerteig Starter gezüchtet und kannst mit dem Brotbacken beginnen!
Zugegeben, appetitlich sieht der Starter nicht aus, aber es ist faszinierend was du mit dieser Blubbermasse produzieren kannst….
Deinen Sauerteig am Leben halten
Nach dem Brotbacken solltest du noch gut 2 Esslöffel Sauerteig über haben. Den musst du in der ersten Zeit täglich weiter füttern. Mach ein Ritual draus und gib ihm morgens etwas zu essen. Jeden Tag 2-3 Esslöffel Mehl und Wasser, dann ist dein Starter super happy.
Mit der Zeit wird dein Anstellgut immer stabiler und berechenbarer und verzeiht dir auch mal einen versehentlichen Fastentag.
Mit der Zeit sammelt sich da einiges an Anstellgut an und man kann ja nicht alle zwei Tage Brot backen. Also muss immer mal wieder einiges davon aus dem Glas nehmen. Du kannst den übrigen Starter an Freunde und Verwandte verteilen, du kannst ihn einfach wegwerfen. Einige verarbeiten ihn auch zu Sauerteigpancakes verarbeiten. Das teste ich demnächst und werde euch berichten.
Den Sauerteig lagern
Eine wichtige Frage, denn mal ganz ehrlich: Weder kannst du am laufenden Band Brot backen, noch möchtest du dir vielleicht jeden Morgen einen Sauerteig-Pancake zum Frühstück gönnen. Also brauchst du eine Möglichkeit, dir selbst eine Sauerteigpause zu verschaffen.
Kurzfristig: Lagerung im Kühlschrank
Du planst etwa alle 7-14 Tage Brot zu backen? Dann wandert dein Starter gut verschlossen ins Gemüsefach deines Kühlschranks. Hier wird die Fermentation nicht ganz gestoppt, aber stark verlangsamt. Einmal in der Woche solltest du ihn füttern und wieder gut verschließen.
Am Tag vor dem Backtag nimmst du ihn aus dem Kühlschrank und fütterst ihn wie gehabt mit Mehl und warmem Wasser. 24 Stunden später sollte er dann wieder topfit sein und bereit das nächste Brot zu backen.
Mittelfristig: Lagerung im Gefrierfach
Bist du eher der Typ, der sich nicht auf einen Backtag festlegen möchte und eher unregelmäßig backst, dann wandert dein Starter ins Gefrierfach. Ebenso darf mein Starter in den Gefrierschrank wenn ich in Urlaub fahre, dann haben wir beide eine Erholungspause 😊 .
Füttere ihn ein letztes Mal, lass ihn ein paar Stunden stehen, bis er schön aufgegangen ist. Nun packst du ihn gut verschlossen ins Gefrierfach. Hier wird die Fermentation komplett gestoppt und er kann über Monate überleben.
Um ihn wieder aus dem Kälteschlaf zu holen, lässt du ihn langsam im Kühlschrank auftauen und beginnst wieder mit der oben beschriebenen Prozedur..
Langfristig: Lagerung getrocknet
Möchtest du sichergehen, dass dein gezüchteter Sauerteig-Stammbaum für die Ewigkeit konserviert wird? Dann hilft nur eins: du trocknest ihn.
Dazu streichst du einige Esslöffel deines aktiven Sauerteig-Starters dünn auf Backpapier und lässt es an einem warmen, trockenen Ort so lange trocknen, bis du den Teig einfach abziehen und leicht zermahlen kannst. Luftdicht verpackt kannst du ihn nun unbegrenzt aufbewahren und bist sicher, dass du ein Backup hast, sollte dein aktiver Starter mal den Geist aufgeben.
Auch beim Umzug oder wenn du mit deinem eigenen Starter verreisen möchtest, bietet es sich an, ihn „trocken zu legen“.
Zum „Reanimieren“ wird der getrocknete Starter fein gemahlen, mit etwas Mehl und warmem Wasser verrührt und stehengelassen. Den Rest kennst du schon 😊 .
So kann nichts mehr schief gehen. Und wenn es doch mal schiefgehen sollte, dann setzt du einen neuen Starter an. Und es kann wieder losgehen…