Serie: Im Rhythmus der Jahreszeiten leben und essen – Spätsommer

Serie: Im Rhythmus der Jahreszeiten leben und essen – Spätsommer

Heute beginne ich meinen Blog einmal mit einem Auszug aus einem Gedicht von Hermann Hesse über den Spätsommer. Diese besondere Zeit, die eigentlich keine Jahreszeit ist, aber dennoch Aufmerksamkeit verdient.

Noch schenkt der späte Sommer Tag um Tag
Voll süßer Wärme. Über Blumendolden
Schwebt da und dort mit mildem Flügelschlag
ein Schmetterling und funkelt sammetgolden.

Die Abende und Morgen atmen feucht
Von dünnen Nebeln, deren Naß noch lau.
Vom Maulbeerbaum mit plötzlichem Geleucht
Weht gelb und groß ein Blatt ins sanfte Blau.

Eidechse rastet auf besonntem Stein,
Im Blätterschatten Trauben sich verstecken.
Bezaubert scheint die Welt, gebannt zu sein
In Schlaf, in Traum, und warnt dich, sie zu wecken.
Hermann Hesse

Die Hälfte des Jahres ist schon vorbei. Und wir nähern uns mit großen Schritten dem Herbst. Doch zunächst lass uns die fünfte Jahreszeit nach den fünf Elementen anschauen. Es ist der Spätsommer, der in der chinesischen Ernährungslehre dem Element Erde zugeordnet wird. Also der Übergangszeit vom Sommer zum Herbst hin. Es ist die Zeit der Ernte und des Überflusses. Die zerstreuende Energie des Feuerelements im Sommer wird nun gesammelt, zentriert und stabilisiert. Die Energie des Erdelements ist eine runde, harmonische und ausgleichende Energie, die uns Menschen auf die mehr nach innen gerichtete Stimmung des Herbstes und Winters vorbereitet.

Der Spätsommer – die fünfte Jahreszeit

Diese Übergangszeit wird in der chinesischen Ernährungslehre Dojo-Zeit genannt. Es handelt sich um einen Zeitraum von 18 Tagen, der für Entlastungstage genutzt werden kann, um den Körper gut auf die kommende Jahreszeit vorzubereiten.

Im Hinblick auf die kommende Jahreszeit kannst du dir ein paar Entlastungstage gönnen. Das stärkt deine Mitte und damit auch den Rest des Körpers. Dafür eignen sich Reis, gedünstetes Gemüse, erfrischende Suppen und Kräutertees, da alles tut deiner Mitte gut. Der Verzicht auf Süßigkeiten, Kaffee und Alkohol verstärkt die Wirkung. Der Spätsommer ist auch die ideale Zeit, um mit der Stärkung des Immunsystems zu beginnen, damit du gut durch die kühlere Jahreszeit kommst und den verschiedenen Krankheitserregern trotzen kannst.

Suppe, Bohnen, Karotte, Tomaten, Petersilie

Das Element Erde trägt die Qualitäten der inneren Stabilität, des Mitgefühls, des Genährtseins. Man kann auch sagen sich selbst eine gute Mutter zu sein. Das bedeutet, in jeder Hinsicht gut für sich selbst zu sorgen.

Dem Erdelement sind die Farbe Gelb und der süße Geschmack zugeordnet. Die Natur schenkt uns Getreide wie Hirse und Polenta, Kartoffeln, Karotten, Erbsen und Kürbis und Früchte wie Aprikosen, Pfirsiche, süße Äpfel und Birnen.

Magen und Milz, unsere Mitte, sind die Organe, auf die du besonders achten solltest. Denn wenn die Mitte gestärkt ist, können auch die anderen Organe harmonisch funktionieren. Unsere Mitte, vor allem die Milz, liebt es warm, süß und trocken.

Was dem Element Erde gut tut – und was ihm nicht gut tut

Die Erde ist unsere Mitte und unser Zentrum. Magen und Milz gehören zum Element Erde. Du kennst sicher Magenschmerzen, die auftreten wenn du Sorgen hast, bis hin zu Magenkrämpfen.

Grübeln belastet das Erdelement, weil es zu nichts führt, sondern nur den Kopf mit belastenden Gedanken füllt und klare Gedanken verhindert.

Belastend ist auch Feuchtigkeit, die auf den Magen und vor allem auf die Milz wirkt. Sie entsteht unter anderem durch weißen Zucker oder zu viel Fett. Auch Milchprodukte können belasten und zu viel Feuchtigkeit erzeugen. Die Milz kann dann die Energie der Nahrung nicht mehr umwandeln und wird träge und müde. Das merkst du, wenn wir nach einer reichhaltigen Mahlzeit sehr müde bist und dich am liebsten hinlegen würdest. Die Milz ist überfordert.

Das Element Erde, das wir als Stütze brauchen, braucht Harmonie. Dies kannst du zum einen erreichen, indem du kleine Rituale in deinen Alltag einbaust, wie zum Beispiel eine kleine Besinnung am Abend mit einem Dankeschön für alles Schöne was du an diesem Tag erleben durftest.

Das kann ein Spaziergang in der Mittagspause oder am Feierabend sein, um abzuschalten und zu genießen. Es kann ebenso die regelmäßige Yogastunde mit Asanas, Atemübungen und Meditation sein.

Was die Ernährung betrifft, solltest du Milchprodukte, weißen Zucker sowie zu fettes Essen vermeiden oder zumindest reduzieren.

Der Geschmack der Erde ist süß, denn süß ist nahrhaft. Leider wird süß heute oft missverstanden und statt natürlicher Süße wird ungesunde Süße gewählt, die Magen und Milz belastet, statt sie zu stärken.

Speisen solltest du warm oder lauwarm verzehren. Das gilt auch für Getränke. Empfehlenswert ist ein gekochtes Frühstück, z.B. ein Porridge, der die Mitte stärkt und einen guten Start in den Tag ermöglicht.

Ein starkes Erdelement = Mehr Energie

Die Erde steht auch für dein körperliches Zentrum, für deine Ernährung und Verdauung und ist wesentlich dafür verantwortlich, dass du dich voller Energie und ausgeglichen fühlst. Die zugehörigen Organe sind die Milz und die Bauchspeicheldrüse und der Magen. Deren Hauptaufgabe ist es, Energie (Qi) aus der Nahrung zu gewinnen und dem Körper zur Verfügung zu stellen.

Deshalb ist es wichtig, die Milz in ihrer Funktion zu unterstützen. Das machst du vor allem mit gekochten, naturbelassenen Speisen, denn die Verdauung funktioniert am besten, wenn die Nahrung bereits körperwarm aufgenommen wird. Kommt sie bereits als warmer Speisebrei im Magen an, kann sie energiesparender und effizienter vom Körper verwertet werden als kalte Speisen.

Während du also im Sommer die äußere Hitze durch kühlende und erfrischende Speisen ausgleichst, führst du dem Körper jetzt vermehrt Wärme und Energie über die Nahrung zu. Damit bereitest du dich und deinen Körper auf die kühleren Temperaturen im Herbst vor.

Der süße Geschmack

Für viele mag die Betonung einer süßen Ernährung befremdlich sein, denn der süße Geschmack hat in unserer Gesellschaft eher einen schlechten Ruf. Und den zu Recht, wenn es sich um Industriezucker handelt. Denn Zucker sorgt immer nur kurzfritig für einen Energieschub, der den Blutzuckerspiegel schnell ansteigen, aber auch schnell wieder absinken lässt und neues Verlangen nach Süßem auslöst.

Damit verpufft die Energie und ist völlig ungeeignet, die Leistungsfähigkeit zu steigern. Im Gegenteil: Industriezucker entzieht deinem Körper wertvolle Vitamine und Mineralstoffe.

Stammt er jedoch aus einer guten, natürlichen Quelle, wie z.B. süße Gemüse- und Obstsorten, Getreide und Kompotte, wirkt er nährend, gibt körperliche und innere Stabilität, entspannt und harmonisiert. D.h. jetzt ist die Zeit um all die leckeren Gemüse wie Kartoffeln, Karotten, Kürbis, Pastinaken zu genießen. Ebenso die erntefrischen Äpfel, Birnen und Pflaumen. Rezepte findest du auf meiner Homepage.

Dattelsirup, Reismalz, Stevia oder Agavendicksaft sind zudem guter Zuckerersatz. Sie geben so viel Befriedigung, dass du auf Dauer nur noch in geringen Mengen zusätzliche Süßungsquellen benötigen wirst.

Das Erdelement zu nähren bedeutet, sich selbst zu nähren

Das Element Erde ganzjährig in die Ernährung einzubeziehen, bedeutet im chinesischen Sinne, die innere Mitte zu bewahren und sich gut zu (er-)nähren. Die Erde ist somit die Mutter in uns, die uns Sicherheit und Geborgenheit gibt. Denn Essen bedeutet nicht nur die Aufnahme von Nährstoffen und Kalorien, sondern auch körperliche und seelische Befriedigung.

In diesem Sinne wünsche ich dir einen harmonischen und genussvollen
Übergang vom Sommer in den Herbst!

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